Wenn Brüllen die Lebensenergie entzieht
Wenn Menschen angeschrien werden, löst das oft sofort eine starke emotionale Reaktion aus. Für viele ist es ein Schockmoment, der Angst, Unsicherheit oder sogar das Gefühl der Wertlosigkeit hervorruft. Unser Gehirn nimmt Schreien als Bedrohung wahr, was den Stresslevel erhöht und den Körper in Alarmbereitschaft versetzt. Selbst wenn wir wissen, dass keine „echte“ Gefahr besteht, schaltet unser System nicht selten in den “ Fight, Flight, Freeze“ Modus „Kampf-oder-Flucht“-Modus * aus.
Besonders schwierig wird es für diejenigen, die wiederholt in solchen Situationen sind – sei es in Beziehungen, am Arbeitsplatz oder anderswo. Das ständige Angeschrien-Werden hinterlässt tiefe emotionale Narben. Betroffene fangen an, sich klein und unsicher in ihrer eigenen Haut zu fühlen, das Selbstbewusstsein leidet erheblich. Vor allem, wenn das Schreien unvorhersehbar ist, lebt man in ständiger Anspannung, immer in Erwartung des nächsten Ausbruchs. Man beginnt, auf Zehenspitzen durchs Leben zu gehen, um der nächsten Eskalation zu entkommen.
Aus therapeutischer Sicht ist es entscheidend, solche Erlebnisse ernst zu nehmen. Es geht darum, das Gefühl der Sicherheit wiederherzustellen und Wege zu finden, sich besser abzugrenzen oder solche Situationen ganz zu vermeiden. Klar ist: Schreien hinterlässt Spuren, und es braucht Zeit, Geduld und Unterstützung, um diese emotionalen Wunden zu heilen.
Wenn solche Wunden nicht bearbeitet werden, kann es passieren, dass selbst eine leicht erhöhte Tonlage massive Angst auslöst – das nennt man einen Trigger. Schreien ist nur ein Beispiel dafür, wie Menschen getriggert werden können.
Trigger sind wie kleine emotionale Stolpersteine, die plötzlich auf unserem Weg auftauchen. Man lebt sein Leben und auf einmal passiert oder sieht man etwas, das eine heftige, unangenehme Reaktion auslöst. Oft versteht man im ersten Moment gar nicht, warum man so stark reagiert. Trigger können alles Mögliche sein: Worte, Gerüche, Geräusche oder bestimmte Situationen. Sie wecken unbewusst Erinnerungen an frühere negative Erlebnisse, die noch nicht vollständig verarbeitet sind.
Diese Trigger sind Überbleibsel alter Wunden und zeigen, dass in uns noch etwas Aufmerksamkeit braucht. Es ist, als ob unser emotionales System für einen Moment überfordert wird und in eine Art „Notfallmodus“ schaltet. Manchmal reicht ein einziger Satz, ein bestimmter Tonfall oder ein vertrauter Geruch, um alte, längst vergessen geglaubte Gefühle wieder hervorzuholen.
Im Coaching und in der Therapie ist es wichtig, diese Trigger zu erkennen und zu verstehen, was sie auslöst. Der nächste Schritt besteht darin, Strategien zu entwickeln, um besser mit diesen Situationen umzugehen, anstatt jedes Mal aus der Bahn geworfen zu werden. Nach und nach lernt man, weniger heftig auf Trigger zu reagieren oder sich aktiv zu wehren, anstatt in Angst zu erstarren und sich klein und machtlos zu fühlen.
Ein Klient von mir wurde als Kind Zeuge sehr lauter Streitereien seiner Eltern. Für Kinder bedeutet das eine große Bedrohung, denn ihre Sicherheit und ihr Überleben scheinen in Gefahr zu sein. Was passiert, wenn die Eltern sich trennen oder nicht mehr da sind? Als kleines Kind sind wir auf unsere Eltern angewiesen, die uns Schutz und Geborgenheit bieten. Selbst wenn wir nicht direkt angeschrien werden, sind wir in Alarmbereitschaft. Wenn dann das Weinen der Kinder nicht gehört wird, stirbt das Kind einen inneren Tod.
Mein Klient brach in Panik aus, als einmal in einem Bus ein lauter Streit entbrannte. Er konnte nicht aussteigen und war sofort wieder in der tiefen Not seiner Kindheit gefangen. Es fühlte sich an, als wäre er im freien Fall, ausgeliefert – ein Zustand der völligen Ohnmacht, ausgelöst durch die Erinnerung an die Ängste und Unsicherheiten seiner frühen Jahre. Er Weinte und schämte sich anschliessend, dass er seine Emotion in der Öffentlichkeit nicht halten konnte.
Trigger können in vielen Formen auftreten – durch Worte, Gerüche, Geräusche oder bestimmte Situationen. Sie wecken unbewusst Erinnerungen an frühere negative Erlebnisse, die noch nicht vollständig verarbeitet sind.
Fazit: Schreien kann Menschen stark verunsichern – Wege zur Heilung
Schreien kann tiefe Verunsicherung und emotionale Erschöpfung hervorrufen und den Betroffenen sprichwörtlich die Lebensenergie rauben. Die Reaktionen auf solche Angriffe sind tiefgreifend und können noch lange nachhallen. Das Selbstwertgefühl und das psychische Wohlbefinden sind oft nachhaltig beeinträchtigt. Menschen, die regelmäßig angeschrien werden, verlieren häufig das Gefühl für ihre eigene Stärke und die Fähigkeit, sich zu verteidigen.
Es ist entscheidend, diese Wunden ernst zu nehmen und Schutzmechanismen zu entwickeln, sei es durch Abgrenzung oder therapeutische Unterstützung. Methoden wie TRIMB® helfen dabei, alte emotionale Verletzungen zu heilen und unbewusste Trigger aufzulösen, die im Alltag immer wieder auftauchen. Mit Geduld und der richtigen Unterstützung ist es möglich, die Kontrolle über das eigene Leben zurückzugewinnen und sich von den Auswirkungen solcher Erfahrungen zu befreien.
In meiner Praxis bearbeite ich Trigger unter anderem mit TRIMB® (Dr. med. Ingrid Olbricht/Ellen Spangenberg).
Zu Beginn wird ein belastender Moment definiert (sog. hot spot) und dann mittels einer spezifischen Distanzierungstechnik (Leinwand und Rahmen) für genügend Abstand gesorgt, bevor mit der Bearbeitung dieses hot spots/Trigger, begonnen wird.
Dann werden nacheinander die in Zusammenhang mit der Situation stehenden Affekte exploriert, bezüglich ihrer Belastung skaliert (0-10), als Gefühlsverbindung zwischen Klient*in und Leinwand visualisiert und dann mit einem dafür geeigneten Hilfsmittel imaginativ durchtrennt. Dabei können Werkzeuge, magische Hilfsmittel oder fiktive Hilfsgestalten zum Einsatz kommen.
Diese Methode kann ich als erfolgreich bezeichnen. Es konnte schon vielen Klienten mit dieser Methode das Leben erleichtert werden.
Wer gerne mehr Informationen zu TRIMB® haben möchte, schaut bitte unter dem Link:
https://www.ellen-spangenberg.de/trimb-methode/#toggle-id-8
*https://de.wikipedia.org/wiki/Kampf-oder-Flucht-Reaktion